Gesellschaftliche Ausgrenzung und Unequal Pay: Eine Herausforderung für alle

Vom Gender Pay Gap haben wir alle längst gehört und auch der Equal Pay Day (06.03.24) schwirrt aus aktuellem Anlass in unseren Köpfen herum. Wissen bringt uns allerdings nur den halben Weg der Strecke – wir müssen etwas ändern, etwas Aktives tun und uns bewusst werden, warum wir mit diesen (Lohn-)lücken zu kämpfen haben. 

Care Arbeit anerkennen

Der Gender Pay Gap beläuft sich aktuell immer noch auf 18 % (Stand 2024). Damit steht Deutschland im EU-Vergleich wirklich nicht gut da (zum Vergleich: Estland landet mit 21,3 % auf dem letzten Platz, Rumänien/Slowenien Gender Pay Gap von ca. 4 %)¹. Noch erschreckender sind jedoch die Auswirkungen der sogenannten Teilzeitfalle und der damit einhergehende Einkommensunterschiede zwischen Müttern und Vätern in Sachen Erwerbstätigkeit. Hier liegt die Lohnlücke bei ganzen 39 % – Wahnsinn! Es spielen viele Gründe in die individuelle Lebensplanung von frisch gebackenen Eltern/Paaren mit rein, warum sich die Mehrzahl von ihnen dafür entscheidet, dass die Frau den Großteil der Care Arbeit übernimmt und damit weniger eigenes Geld verdient. Das hat jedoch enorme Folgen – spürbar werden diese vor allem, wenn das Leben nicht so bilderbuchmäßig verläuft wie geplant: eine Scheidung oder Trennung vom Partner kann schwere finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Hat ein Partner dann viele Jahre nur in Teilzeit oder gar nicht erwerbsarbeitet, konnte dieser logischerweise auch nicht viel selbst vorsorgen, sparen oder investieren. Die Entscheidung und ihre Konsequenzen ziehen sich durch dein ganzes Leben. Das Problem an der Care Arbeit ist nicht die Sorgetätigkeit selbst. Diese ist ungeheuer wichtig und ohne sie könnten zumindest manche einer Erwerbstätigkeit gar nicht erst nachgehen. Das Problem ist die fehlende Anerkennung und dass sie nicht bezahlt bzw. monetär ausgeglichen wird (übrigens hast du einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Ausgleichszahlungen).  

Unser Tipp: Sprich in deiner Beziehung über Geld und die Aufteilung von Care Arbeit! Du kannst z. B. den Care Rechner nutzen, um herauszufinden, wie viel deine Sorgearbeit monetär wert wäre. Das heißt nicht, dass ihr euch gegenseitig den Betrag auszahlen sollt, aber ihr kommt ins Gespräch, es regt zum Nachdenken an und die Auseinandersetzung mit dem Thema resultiert vielleicht in einem Perspektivwechsel. 

Ich bin eine Frau…natürlich bekomme ich weniger Gehalt! 

Eine traditionelle Rollenverteilung und mehrheitliche Ausübung der Care Arbeit ist allerdings nicht der einzige Faktor, der für Unequal Pay sorgt! Der Job selbst spielt auch eine große Rolle. Das Märchen von der schlechten Berufswahl entspricht allerdings nicht der Wahrheit… jedenfalls nicht ganz. Klar, Frauen tendieren dazu, in soziale Berufe zu gehen und Männer dazu, „Brotverdiener“-Berufe zu wählen – ganz so, wie es uns von klein auf beigebracht wird. Viel spannender ist jedoch der Effekt der sogenannten Abwertungstheorie (Devaluation Theory): sie besagt, dass in frauendominierten Branchen weniger Gehalt bezahlt wird, weil sie mit vermeintlich „weiblichen“ Tätigkeiten (wie Hausarbeit) assoziiert und somit abgewertet werden. Sobald mehr Frauen in eine zuvor „neutrale“ oder in eine vornehmlich männlich dominierte Branche einsteigen, sinkt das Durchschnittsgehalt in dieser Branche bzw. steigt es nicht so stark wie in anderen Branchen. Frauen werden also auch hier strukturell diskriminiert². 

Gesellschaftliche Ausgrenzung 

Tatsache ist, dass Frauen weniger Geld hatten, haben und haben werden, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert. Manchmal ist es allerdings ganz egal, welches Geschlecht du hast, unangenehme Erfahrungen wegen „zu wenig“ Geld können wir alle machen. Geld gibt uns Macht und ermöglicht uns ein selbstbestimmtes Leben ganz nach unseren Vorstellungen. Leider sieht die Realität oftmals anders aus und wir machen uns Gedanken über unser Geld. Deine Freundinnen* und Bekannten verdienen vermeintlich mehr Geld und leisten sich scheinbar andauernd neue Dinge oder haben einen teuren Lifestyle? Da kann es schon mal sein, dass wir ein Treffen absagen oder uns unwohl fühlen, wenn wir wieder in dieses super teure Restaurant mitgehen, anstatt in der gemütlichen Stammkneipe um die Ecke abzuhängen. Wichtig ist: du bist nicht allein! Den meisten Menschen geht es zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben mal so. Und damit du dich nicht so einsam fühlst, haben wir 3 Tipps für dich! 

Unsere 3 Tipps: 

• Rede über Geld! Wenn wir nicht über unangenehme Themen reden, werden sie zum Elefanten im Raum. Du kannst das Thema locker lässig anreißen und dann mit deinen Freundinnen darüber reden oder aber auch in einem 4-Augen-Gespräch darauf aufmerksam machen – du findest sicher einen Weg, du musst dich nur trauen 😉 
• Mach dir keinen Stress wegen Geschenken – Selbstgemachtes oder gemeinsame Erinnerungen (Picknick im Park, etc.) sind sowieso viel schöner und langlebiger! 
• Sei dir deiner Privilegien und Vorsprünge im Leben und dem deiner Freudinnen bewusst. Es bringt gar nichts, sich zu vergleichen, da wir alle unterschiedliche Startbedingungen haben und unterschiedliche Menschen sind! Vergleiche dich, wenn überhaupt nur mit einer früheren Version deiner Selbst. Hier kannst du noch mehr Tipps finden. 

Wenig(er) Geld zu haben liegt also nicht immer nur an uns Individuen. Vor allem Frauen, aber auch andere marginalisierte Personengruppen haben mit unzähligen strukturellen Hindernissen zu kämpfen. Wenn wir dann wenig Geld haben, kann es schnell zu gesellschaftlicher Stigmatisierung kommen. Was wir als Einzelperson dagegen tun können? Wir können unsere Freundinnen und Familie ermutigen, über Geld, bezahlte und unbezahlte Arbeit zu sprechen und wir können eigenständig an unserem Finanzwissen arbeiten, um geschickt mit Geld umzugehen.  

¹ Gender Pay Gap in der EU – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

² EconStore: The role of sex segregation in the gender wage gap among university graduates in Germany und Equal Pay Day 2024: Berufswahl spielt untergeordnete Rolle bei Lohnlücke I Momentum Institute (momentum-institute.at)

* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle Menschen sind explizit mitgemeint.

Tags: Equal Pay Day, Finanzen, Frauen, Geld, Gender Pay Gap, Gleichberechtigung