Myth buster – Eigenheim als Altersvorsorge?!

John F. Kennedy (1917-1963), ehemaliger US-Präsident, soll einmal folgendes gesagt haben:

“Der größte Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge – gezielt, erfunden und unehrlich -, sondern der Mythos, etabliert, plausibel, falsch.”

Und auch wenn wir uns sicher sind, dass Kennedy damals nicht explizit von Immobilien gesprochen hat, so passt seine Einschätzung dennoch gut zum Thema des heutigen Blogbeitrags: Der Mythos vom Eigenheim als Altersvorsorge.

Die Deutschen träumen von Betongold

Dieses Thema beschäftigt viele, denn den Traum vom Eigenheim träumen viele Deutsche:

Laut einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2022 wollen 60 % der Deutschen sich den Traum vom eigenen Haus verwirklichen, bei den 16 bis 24-Jährigen liegt dieser Anteil sogar bei 74 %.

Und dabei lässt sich der Traum der eigenen 4 Wände in Deutschland finanziell schwieriger realisieren, als etwa in unseren Nachbarländern.[1] Grund dafür sind u.a. die sogenannten Kaufnebenkosten: Grunderwerbssteuer, Maklercourtage, Grundbucheintrag. Als größter Batzen schlägt die Grunderwerbssteuer mit 3,5-6,5 % des Kaufpreises zu Buche. Eine höhere Grunderwerbssteuer als in Deutschland erheben nur Luxemburg (6-9 %) und Italien (2-9 %) Die gesamten Kaufnebenkosten belaufen sich in der Regel auf 9-15 % des Kaufpreises. Wer eine Immobilie für 400.000 Euro erwirbt, zahlt also zwischen 36.000 und 60.000 Euro nur für die Nebenkosten…

Aber umso besser, wenn sich diese ganzen finanziellen Anstrengungen lohnen und du gleichzeitig mit dem Erwerb eines Eigenheims die eigene Altersvorsorge abhaken kannst, check! Doch Vorsicht!

Lifestyle-Entscheidung oder lohnende Investition?

Betrachten wir langfristige historische Daten und vergleichen den Eigenheimbesitz mit anderen Anlageformen ähnlichen Risikoprofils, so führte der Kauf eines Eigenheims in den vergangenen 46 Jahren (Stand 2016) zu einem niedrigeren Endvermögen als eine Investition in Aktien und Anleihen auf Buy-and-Hold-Basis (vgl. Gerd Kommer: Kaufen oder mieten, S. 14). Unglaublich, aber wahr!

Anders sieht es natürlich aus, wenn du eine Immobilie zur Vermietung erwerben willst. Dann kann es sich durchaus um eine kluge Investition handeln. Ob es sich in deinem konkreten Fall/Vorhaben lohnt, kannst du dir hier genauer durchrechnen.

Klumpenrisiko

Außerdem kann eine Immobilie ein Klumpenrisiko darstellen. Wenn der Großteil deines Vermögens in einer einzigen Immobilie steckt (was bei den meisten von uns der Fall ist), wäre es extrem schmerzhaft, wenn mit dieser Immobilie etwas passiert. Demographischer Wandel, Klimawandel und andere Faktoren können dazu führen, dass ehemals attraktive Wohngegenden nicht mehr angesagt sind und deshalb der Wert deiner Immobilie fällt. Wenn dadurch der Großteil deines Vermögens schwindet, hast du möglicherweise ein Problem.

Und was ist mit der Inflation?

Auch die Annahme, dass Immobilien (besser) vor Inflation schützen, hat angesichts einer hohen Inflationsrate gerade Hochkonjunktur. Allerdings schützen andere Anlageformen wie Aktien und Anleihen genauso gut oder sogar besser vor Inflation. Also weg vom Girokonto und ran an die Börse!

Platz nun der Traum vom Haus?

Dein Traum vom Haus muss auf keinen Fall platzen. Wir raten dir allerdings dazu, eine selbstbewohnte Immobilie realistisch als das zu sehen, was sie ist und was sie leisten kann und was eben nicht. Kenne deine Rentenlücke und kümmere dich um eine solide Altersvorsorge losgelöst vom Immobilienerwerb. Denn es ist ein Mythos, dass ein kreditfinanziertes Eigenheim eine Vermögensanlage ist, mit der man auf lange Sicht praktisch nie falsch liegen kann.

 

[1]  Österreich, Schweiz und Dänemark belasten ihre Bürger beim Immobilienkauf deutlich weniger. Dänemark fordert keine Grunderwerbsteuer, sondern nur 0,6 Prozent des Kaufpreises von einem Anwalt, der den Kauf betreut. Die Schweiz setzt auch „nur“ einen Steuersatz von 1 bis 4 Prozent an.

 

 

 
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6 Replies to “Myth buster – Eigenheim als Altersvorsorge?!”

  1. Rodenkirchen Maria-Luise

    Guten Morgen,
    habt ihr es vielleicht schon gemacht, hab ich es verpasst? Mein Vorschlag, euer Team Einzel im Newsletter mit Bild vorzustellen.
    Und wäre es auch eine Idee, euren Newsletter per Sternchen am Ende bewerten zu können?
    Schöne Karwoche.
    Maria-Luise Rodenkirchen

    • Isabel, Female Finance Forum

      Liebe Maria-Luise,

      vielen Dank für deine Anregungen!

      Im Newsletter haben wir die 3f-Teammitglieder bisher noch nicht vorgestellt. Du findest uns alle aber “permanent” in der Rubrik “Über uns” auf unserer Homepage.

      Die Idee, den Newsletter bewerten zu können, finden wir spannend und gehen dem Hinweis gerne einmal nach..

      Liebe Grüße
      das 3f-Team

  2. Christel Hoffmann

    Das Problem beim Eigenheim ist, dass es im Alter oft zu groß ist, Unterhalt von Haus und Garten teuer, andererseits das Herz dran hängt, da voller Erinnerungen. Als Stichwort emotionale Bindung, was bei Aktien weniger der Fall ist, Nun kommen noch die neuen Vorgaben für Heizung, energetische Sanierung etc. dazu, was manche nicht mehr stemmen können. Mit anderen Worten: Eigenheim ist schön, kann aber ein Klotz am Bein sein.

  3. Nicole

    Das ist mir zu negativ dargestellt. Eine Immobilie, die im Alter abbezahlt ist, ist zumindest ein sicherer Garant dafür, nicht im hohen Alter wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden; plus: man hat keine Zahlungen mehr zu leisten, weder Miete noch Hypothek. Klar, man braucht weiterhin Geld für den Erhalt. Dennoch: ein Eigenheim als Anlage fürs Alter ist etwas Solides.

  4. Jutta Kath

    Ich stimme Christel zu, dass das Haus im Alter zur emotionalen Bürde wird. Ich habe das selbst bei meinen Eltern erlebt, aber immerhin haben sie das Haus 47 Jahre genutzt. Es dürfte sich also auch gerechnet haben. Mir ist die Diskussion um Hauseigentum in Deutschland einfach zu emotional. Aber wie bringt mal die Leute dazu, das sachlicher zu betrachten, damit der Traum nicht zum Albtraum wird? Danke für den Beitrag.

  5. Isabel, Female Finance Forum

    Liebe Kommentierende,

    wir freuen uns über den regen Austausch, den unser Blogbeitrag ausgelöst hat!
    Das Thema Eigenheim/Immobilienbesitz ist in der Tat oft hoch emotional und uns ist bewusst, dass es kein hier kein “eindeutig falsch” oder “eindeutig richtig” geben kann.
    Umso wichtiger, dass jede ihre ganz individuelle Gemengelage im Blick hat und diese Entscheidung für sich fällt. Dazu wollen wir gerne mit unserem fachlichen Input beitragen.

    Liebe Grüße
    das 3f-Team

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