Rüstungsaktien: yay or nay?

Es war eine der Meldungen im Rahmen der 60. Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2024, die die Finanzwelt hat aufhorchen lassen: Die Verteidigungsausgaben Deutschlands könnten bald 2 Prozent des BIP überschreiten, sogar bis zu 3,5 Prozent sind denkbar. Laut Bundeskanzler Scholz soll das bereits 2002 von der Nato verordnete Zwei-Prozent-Ziel an Rüstungsausgaben künftig eingehalten werden.1 Angesichts der aktuellen geopolitischen Konflikte in der Welt sind diese Überlegungen zumindest nachvollziehbar.  

Zwischen Hoffnung und Realität 

Die Annahme, dass sich die Welt nach dem kalten Krieg friedlich(er) entwickeln werde, und sich das Kriegspotenzial mit der Zeit automatisch verringern wird, hat sich leider als Fehleinschätzung entpuppt. Auch die Annahme, dass Konflikte mit internationalem Recht, internationalen Organisationen und mit Wirtschaftsbeziehungen vermieden oder gelöst werden können, sodass es gar nicht mehr zu militärischen Auseinandersetzungen kommen muss, hat sich nicht bewahrheitet.

Profit versus Gewissen 

Die Nachricht vom Hochfahren der staatlichen Verteidigungsausgaben hat den Aktienkursen der Rüstungsschwergewichte (u. a. Rheinmetall, Renk und Hensoldt) sofort neue “Alltime Highs” beschert. Und Investorinnen*, die auf der Jagd nach Rendite sind, stellt sich die Gretchenfrage: Soll ich auf den Zug aufspringen? Doch ist es unter ethischen und nachhaltigen Gesichtspunkten vertretbar, als Privatperson in Rüstung zu investieren und an Krieg, Konflikt und Kollateralschäden zu verdienen?   

Die Antwort auf diese Frage ist leider nicht so eindeutig, wie wir sie gerne hätten. Wir können dir also keine Instant-Antwort liefern, aber Denkanstöße geben, damit du selbst deine Entscheidung treffen kannst. 

Die 2 Seiten einer Medaille 

Der Bundesverband der deutschen Rüstungs- und Verteidigungsindustrie (BDSV) forderte bereits 2021, die Branche als nachhaltig einzustufen. Denn laut BDSV-Chef Hans Atzpodien fördere die Branche Frieden und Sicherheit und leiste dadurch einen fundamentalen Beitrag zur Nachhaltigkeit.2 Nun ja, das mag zum Teil zutreffen, aber Waffen und Rüstung werden nun einmal nicht nur zur Friedenssicherung eingesetzt bzw. können nicht zweckgebunden ausgeliefert werden (das wäre toll!). Der Hintergrund dieses Wunsches könnte auch der Tatsache geschuldet sein, dass es Rüstungsunternehmen in Zeiten von Nachhaltigkeitssiegeln und Anforderungen an Nachhaltigkeit immer schwerer fällt, Kredite und Finanzierungen zu erhalten. Denn auch Kreditinstitute achten darauf, ihre Nachhaltigkeitsbilanzen „sauber“ zu halten.  

Bleibt die Frage, wie/mit was wir uns verteidigen würden, sollte es zu einem Angriff o. ä. kommen. “Wir müssen Krieg führen können, damit wir ihn nicht führen müssen.” sagt Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr in einem Gespräch mit der Zeit.3  

Die Rüstungsbranche kann also schädliche und auch unschädlich(ere) Wirkungen haben, das können Bereiche wie Kinderarbeit oder Tabakindustrie eher weniger von sich behaupten… 

Wo geht die Reise hin? 

Dem Anschein nach findet aktuell ein Umdenken statt: laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox aus dem Jahr 2022 halten nur noch 60 Prozent der Personen, die vor Kriegsbeginn eine ablehnende Haltung zu Rüstungsinvestitionen hatten, auch heute noch daran fest. 21 Prozent halten Geldanlagen in der Rüstungsbranche inzwischen für vertretbar oder haben zumindest Zweifel an ihrer ursprünglichen Position (19 Prozent).4  

Es bleibt abzuwarten, wie sich Deutschland und die Welt diesen wichtigen geopolitischen Fragen stellen werden. Wir wollen an dieser Stelle nochmal den Hinweis geben, dass ein Kassenzettel oder ein Investment wie ein Stimmzettel wirkt: kauft bzw. investiert also weise! 

 

1 https://www.merkur.de/politik/haushalt-sondervermoegen-rente-ruestung-verteidigungsausgaben-scholz-spd-ampel-gruene-nato-ziel-zr-92852292.html

* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle Menschen sind explizit mitgemeint.

2 https://www.bdsv.eu/files/themen/Nachhaltigkeit/BöZ-Atzpodien.30.11.2021_Sie%20wissen%20nicht%20was%20sie%20tun.pdf 

3 Ausgabe vom 27.03.2024, online verfügbar unter https://www.zeit.de/2024/14/bundeswehr-krieg-carsten-breuer

4 https://www.verivox.de/geldanlage/nachrichten/ukraine-krieg-laesst-deutsche-umdenken-fast-die-haelfte-hinterfragt-fruehere-meinung-zu-ruestungsinvestments-1119716/

 

 
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2 Replies to “Rüstungsaktien: yay or nay?”

    • Isabel, Female Finance Forum

      Hallo!

      Vielen lieben Dank für die weiterführenden Links, welche bestimmt für einige unserer Leserinnen interessant sind. Wir haben sie gerne gelesen!

      Liebe Grüße
      dein 3f-Team

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