Die Macht der Stimmrechte: Wie Fondsgesellschaften abstimmen

Im Jahr 2023 hat der nachhaltige MSCI World SRI satte 25 % Rendite erwirtschaftet. Der klassische MSCI World konnte dagegen „nur“ mit 22 % Rendite rechnen.[1] Nachhaltigkeit lohnt sich! Aber sehen das die großen ETF-Anbieter auch so, sodass sie sich für mehr Nachhaltigkeit in den investierten Unternehmen einsetzen? Und was passiert eigentlich mit deinen Stimmrechten, wenn du in einen (nachhaltigen) Fonds oder ETF investierst?

 

Fehlende Stimmrechte = fehlender Impact?

ETFs sind DAS Lieblingsprodukt vieler Menschen. Sie sind einfach und bequem und man muss kaum etwas machen, nachdem man erstmal den Sparplan eingerichtet hat. Quadratisch, praktisch, gut! 😉

Wenn wir uns die Nachhaltigkeitsskala von Geldanlagen anschauen, sind ETFs eher im hellgrünen Spektrum. Warum? Die meisten ETFs basieren auf Ausschluss von bestimmten Branchen und geben sich mit relativ „wenig Nachhaltigkeit“ zufrieden. Viel mehr können wir mit unserer Geldanlage erreichen, indem wir aktiv mit Unternehmen in den Dialog treten, jedoch können wir das nur, wenn wir eine Aktie halten. Bei Fonds (klassische Aktienfonds ebenso wie ETFs) geben wir das Recht zur Stimmrechtausübung und Dialog an die Fondsgesellschaft bzw. den ETF-Anbieter ab. Aber üben die ETF-Anbieter ihre Stimmrechte aus und wenn ja, wie?

 

Fondsgesellschaften und ihre Stimmrechtausübung

Entgegen manchen Erwartungen treten die vermeintlich „bösen“ ETF-Anbieter wie BlackRock (iShares-ETFs) und Vanguard überwiegend in den Austausch mit Unternehmen und nutzen die Stimmrechte ihrer Fonds mehr als je zuvor. Das wiederspricht zwar dem Bild des „stummen“ ETFs, sagt aber noch nichts über die Inhalte aus, für die BlackRock sich einsetzt. Als Investorin gibst du deine Stimmrechte an den ETF-Anbieter ab, dieser kann mittels „proxy voting“ (Abstimmung in Vertretung) in deinem Namen abstimmen – im besten Fall auch in deinem Sinne 😉.

Ein paar Beispiele: Das Schwergewicht BlackRock ist 2022 in 4.000 Dialoge mit mehr als 2.600 Unternehmen getreten. Mit dabei war auch ab und zu das Thema Nachhaltigkeit, jedoch ist der Investor, so wie einige andere, der Meinung, mehr Nachhaltigkeit sei nicht gleich mehr Wirtschaftlichkeit.[2] 2023 hat BlackRock laut ShareAction nur zu 8 % nachhaltige Anträge unterstützt – 2021 waren es noch 40 % (siehe Grafik 1).[3] Die DWS, Investment-Tochter der Deutschen Bank und Anbieter der Xtrackers-ETFs, hat dagegen auch in Sachen Nachhaltigkeit einiges zu sagen, indem sie sich für ESG-Engagement einsetzt. 2022 hat DWS an mehr als 2.800 Abstimmungen teilgenommen und über 500 Gespräche mit Unternehmen geführt. Außerdem hat sich der Anbieter mehr als 700 Mal gegen das Management gestellt. [4]

 

Quelle: Voting Matters 2023

Investoren und ETF-Anbieter nutzen ihre Stimmrechte in einer Vielzahl von Fällen. Der Haken? Klar definiert, was als Engagement gilt, wurde bisher nicht. D.h. eine einfache Nachfrage reicht schon, um „in den Austausch“ mit Unternehmen zu gehen. Das verändert natürlich so noch gar nichts. Dennoch nutzen viele Fondsgesellschaften ihre Rechte und können damit z.T. zum Zünglein an der Waage werden.

Voting Matters!

Share Action beurteilt in ihrer Studie „Voting Matters 2023“ regelmäßig das Proxy Voting-Verhalten von 69 Indexanbietern. Blackrock schneidet 2023 mit Platz 63 nicht sonderlich gut ab – DWS befindet sich auf Platz 25. Von den großen ETF-Anbietern liegen BNP Paribas und Amundi in puncto Stimmrechtsnutzung weit vorne. Spannend ist auch, dass vor allem europäische Fondsgesellschaften nachhaltiger agieren, während US-amerikanische Gesellschaften tendenziell in ihrer Nachhaltigkeit eher stagnieren. Das leitet ShareAction von den strengeren EU-Richtlinien für Nachhaltigkeit ab.

Quelle: Voting Matters 2023

In nachhaltigere Alternativen zu investieren lohnt sich also nicht nur monetär, sondern setzt auch das richtige Zeichen. Auch wenn viele ETF-Anbieter von ihren Stimmrechten Gebrauch machen, kannst du nicht viel tun, wenn sie nicht in deinem Sinne handeln, außer den Anbieter zu wechseln. Den stärksten Impact hast du letzten Endes immer noch durch deine Konsumentscheidungen im Alltag und wie du dein Leben gestaltest. 😊

 

[1] https://www.onvista.de/

[2] 2023 Investment Stewardship Voting Spotlight (blackrock.com)

[3] https://shareaction.org/reports/voting-matters-2023

[4] ESG-Engagement und Stimmrechtsausübung der DWS im Jahr 2022

 
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2 Replies to “Die Macht der Stimmrechte: Wie Fondsgesellschaften abstimmen”

  1. Viola

    Vielen Dank für den Beitrag! Ich wusste bisher nicht, dass es eine Statistik über die Abstimmungen und Nachfragen der ETF- und Fonds-Anbieter gibt.
    Euer Newsletter ist der einzige, den ich regelmäßig lese 🙂

    • Claudia, Female Finance Forum

      Liebe Viola,
      vielen Dank für diesen wundervollen Kommentar! Wir freuen uns sehr, dass du unseren Newsletter so gerne liest 🙂
      Und schön, dass dir dieser Beitrag so gut gefallen hat!
      Herzliche Grüße
      Claudia

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