Angst vor steigenden Mieten: Wieso Frauen sich Immobilien sichern sollten

Frauen haben weniger Einkommen, Vermögen und wohnen eher zur Miete. Gerade bei steigenden Mietpreisen kann das langfristig zum Problem werden. Daher rät unsere Gastautorin, sich gerade bei wenig Eigenkapital zusammenzuschließen und sich gemeinsam Immobilien zu sichern. Das hilft ganz nebenbei auch gegen Einsamkeit.

von Galika Ivanov

Kaum werden wir Frauen erwachsen, lösen wir uns räumlich auf. Dann gibt es plötzlich Schlafzimmer für das Paar, das Wohnzimmer, die Küche, vielleicht ein Kinderzimmer, der Keller oder eine Garage – das Männerrefugium. Aber wo ist unser Zimmer? Wo finden wir Ruhe und können die Tür zumachen?

„Ein Zimmer für sich allein“ titelt die Autorin Virginia Woolf bereits 1929. Sie wollte herausfinden, warum es so wenige Frauen in der Literatur gibt undstellte fest: Es fehlt Ihnen weder an Verstand noch Talent. Ihnen fehlt Geld und Raum.

Alleinerziehende sind besonders von steigenden Mieten betroffen

Das Problem existiert bis heute. Frauen besitzen weniger Immobilien. Sie haben weniger Gehalt, weniger Vermögen und können deswegen seltener alleine einen Kredit aufnehmen.

Laut Mikrozensus leben 46 Prozent der Paare mit Kind zur Miete. Bei den Alleinerziehenden sind es 70 Prozent. Darunter sind viel mehr Frauen als Männer – genau genommen 82 Prozent. Das zeigt der 10. Familienbericht[1] des Familienministeriums. Dieser Cocktail aus strukturellen und finanziellen Nachteilen sorgt dafür, dass Frauen viel häufiger zur Miete wohnen und damit viel eher steigenden Mietpreisen ausgeliefert sind.

Aber es gibt einen – wenn auch arbeitssamen – Ausweg: Frauen sichern sich ihren Wohnraum selbst. Dabei können sie dem Grundsatz folgen: Wohnraum muss denen gehören, die darin wohnen. Das kann entweder durch Eigentum geschehen (hier haben wir das Kapitalproblem von oben) oder durch gemeinschaftliche Konzepte.

Die Lösung: Wir tun uns zusammen und gründen eine Wohngemeinschaft

Das könnten etwa eine gemeinschaftlich gedachte eGbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), eine Genossenschaft oder ein Mietshaus-Syndikat sein. Alle Konzepte eint, dass die Bewohnerinnen* hier rechtlich so sicher sind wie im Eigentum und so flexibel wie in einer Mietwohnung.

So funktioniert es: Bei der Genossenschaft kauft man Anteile und zahlt eine monatliche Miete. Bei einem Mietshaus-Syndikat zahlt man Miete und kann durch einen Direktkredit den Erhalt der Immobilie sichern. Beides kann man bei Auszug zurückbekommen – jedoch mit längeren Laufzeiten.

Bei einer eGbR können die Parteien mit Hilfe einer Juristin einen individuellen Gesellschaftsvertrag erstellen und gemeinsam eine Immobilie erwerben. Was viele nicht wissen: Man kann mit Freundinnen zusammen einen Kredit aufnehmen und dadurch die Bonität verbessern. Notfalls auch mit einem Mann, der besser verdient 😉

Meine Erfahrung: ein Wohnprojekt gründen und sich gegenseitig helfen

Das mache ich gerade mit dem Wohnprojekt Vielsam in Bochum. Zusammen mit sieben Freundinnen nehme ich mein Wohnschicksal selbst in die Hand. Statt einsam in einer Wohnung zu leben, will ich Gemeinschaft und Freundschaft unter einem Dach. Und natürlich ein Zimmer für mich allein.

Statt Anonymität wollen wir Stadtteilarbeit gegen Einsamkeit machen. Wir planen Hilfsangebote für andere Wohnprojekte, Hilfe für die ältere Nachbarschaft, Platz für Foodsharing, Seminare zum Basteln, Geldwissen und Musik. Alles ganz niederschwellig, damit sich organisch eine Gemeinschaft bilden kann. Umgekehrt brauchen wir aktuell Hilfe und suchen Investorinnen, um unser Eigenkapital zu stärken.

Investorinnen, die wollen, dass es mehr frauenfreundlichen, feministischen Wohnraum gibt. Im Gegenzug gibt es jährliche Zinsen und ein Investment, was man begehen kann.

Du willst mehr über uns erfahren? Dann schau vorbei auf www.wohnprojekt-vielsam.de

 

[1] 10. Familienbericht des Ministeriums: https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/254524/8aa3c1aeea2f0076cd6fd08f932b1c4b/zehnter-familienbericht-bundestagsdrucksache-data.pdf

* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle Menschen sind explizit mitgemeint.

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2 Replies to “Angst vor steigenden Mieten: Wieso Frauen sich Immobilien sichern sollten”

  1. Simone Simone

    Danke für den interessanten Beitrag. Mir ist jedoch nicht klar, ob das Projekt mit der Stadtvilla zustande kam, weil die Frist wohl Ende November ablief?

    • Galika

      Hallo Simone,

      wir haben mit den Besitzern noch etwas nachverhandelt. Das Projekt kommt höchstwahrscheinlich zustande. Wir suchen dennoch weiterhin Investor*innen. Und es handelt sich hier um ein Mehrfamilienhaus – keine Stadtvilla.

      Grüße
      Galika

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