Verliebt, verlobt, … Vertrag? (Teil I)

Mehrere Millionen Menschen verfolgten im Mai gebannt, wie sich Meghan und Harry das Ja-Wort gaben. Selbst Menschen, die sich weder für die britische Monarchie noch für Hochzeiten interessieren, konnten dem Großereignis nicht entgehen. Mein persönlicher Favorit: Der US-amerikanische Bischof 😊

Ein interessanter Aspekt, der weniger prominent in den Medien diskutiert wurde, ist der Ehevertrag. Oder besser gesagt die Tatsache, dass das Brautpaar keinen Ehevertrag abgeschlossen hat. So romantisch ♥

Ehrlich gesagt war mein erster Gedanke: Komisch, das lässt die Queen zu? Anscheinend haben auch William und Kate keinen Ehevertrag abgeschlossen.

Die Erklärung ist relativ einfach: In Großbritannien hat ein Ehevertrag keine legale Bedeutung. Im Ernstfall kann sich ein Gericht nach diesem Schriftstück richten, ist jedoch nicht dazu verpflichtet.

So viel zur Romantik 😉

Jetzt aber die Frage:

Wann ist (in Deutschland) ein Ehevertrag sinnvoll?

Ein Ehevertrag hat häufig einen negativen Beigeschmack. Wir sollen noch vor der Hochzeit an die Trennung denken?

Ganz ehrlich: Ich finde es fahrlässig, nicht darüber nachzudenken. Eine Versicherung schließt du auch ab in der Hoffnung, dass der Versicherungsfall nicht eintritt – im Ernstfall bist du aber sehr froh, sie zu haben. Die Scheidungsrate in Deutschland liegt zurzeit bei 40%. Diese Zahl ist sogar in den letzten Jahren gesunken – 2003 lag sie bei einem Höchstwert von 56%.

Das heißt also, dass 4 von 10 Ehen geschieden werden. Oder 2 von 5. Oder eben 40 von 100. Natürlich glaubt jedes Paar, dass es nicht dazu gehören wird. Doch es ist besser, sich auf den Ernstfall vorzubereiten, als im Ernstfall das Nachsehen zu haben.

Ob ein Ehevertrag sinnvoll ist, hängt von der Arbeitssituation und Lebensplanung des Paares ab.

Ohne Ehevertrag lebt ein Paar in einer Zugewinngemeinschaft.

Zugewinngemeinschaft

Eine Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass uns gemeinsam alles gehört, was wir seit Eheschließung hinzugewonnen haben. Aha.

Ein Beispiel: Eine der Ehepartner besitzt bereits vor der Eheschließung ein Haus. Dieses Haus gehört auch nach der Hochzeit ihr. Nehmen wir an, sie erbt das Haus, heiratet, und danach steigt der Wert des Hauses stark an (was wir momentan ja häufig sehen). Nach 20 Jahren lässt sie sich scheiden. Das Haus gehört immer noch ihr. Allerdings muss sie die Wertsteigerung mit ihrem Partner teilen.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel:

Anna besitzt ein Haus. Zum Zeitpunkt der Hochzeit ist dieses Haus 200.000€ wert. 20 Jahre später, zum Zeitpunkt der Trennung, ist das Haus 300.000€ wert. Der Wert hat sich also um 100.000€ vermehrt. Diese Wertsteigerung muss Anna nun mit ihrem Mann Mark teilen – sie muss ihm also 50.000€ auszahlen. Hierbei ist es egal, ob sie das Haus vor oder nach der Hochzeit erbt. Erbschaften oder größere Geschenke gehören dem erbenden Partner, lediglich der Zugewinn muss geteilt werden.

Dieselbe Verteilung gilt für ein Vermögen, das auf der Basis unterschiedlich hoher Gehälter angespart wurde. Nehmen wir wieder Anna und Mark. Anna verdient im Jahr doppelt so viel wie Mark. Sie kann dementsprechend mehr sparen und investieren. Die beiden sind 20 Jahre lang verheiratet und trennen sich dann. Alles, was sie im Laufe dieser 20 Jahre an Vermögen aufgebaut haben, wird zum Zeitpunkt der Scheidung zu gleichen Teilen zwischen den beiden aufgeteilt.

Anna und Mark teilen sich auch die während der Ehe erworbene Rentenanwartschaft. Das gilt sowohl für die gesetzliche, als auch z.B. für die betriebliche Altersversorgung. Durch diese Regel wird in dem klassischen Modell – ein Partner ist Hauptverdiener, der andere kümmert sich primär um die Kinder – der weniger verdienende Partner geschützt, weil auch ihm (oder ihr) die Hälfte der Rentenansprüche zugesprochen werden.

Das ist prinzipiell eine faire Regelung, da es unterschiedliche Einkünfte, die auch z.B. durch Elternzeit und Teilzeit entstehen, ausgleicht. Allerdings solltest du insbesondere bei Erbschaften wie einer Immobilie bedenken, dass du deinem Partner den Zugewinn zur Hälfte ausbezahlen musst. Im Beispiel oben muss Anna Mark 50.000€ zahlen. Wenn sie dieses Geld allerdings nicht zur Hand hat, kann es sein, dass sie ihr Haus verkaufen muss, obwohl es ursprünglich ihr alleine gehört hat.

Nächste Woche schauen wir uns weitere konkrete Fälle an, in denen ein Ehevertrag sinnvoll sein kann.

Previous Article
Next Article

5 Replies to “Verliebt, verlobt, … Vertrag? (Teil I)”

  1. Dani

    Hallo,
    super Beitrag! Vor allem der Einstieg ist super, mit so einem naheliegendem Beispiel am Anfang kann man dieses komplizierte Thema echt auflockern. Der Punkt Zugewinnschaft war mir vorher gar nicht klar! 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert