Finanziell unabhängig mit Kindern: Wie es vielleicht klappt (Gastbeitrag)

Diesen Gastbeitrag hat Eva von Kinderleichte Finanzen geschrieben. Nächste Woche kommt Teil 2: Eltern in Zeiten von Corona.

Die Familienaufgaben in Deutschland sind klar verteilt: Mütter arbeiten in Teilzeit und sind hauptsächlich verantwortlich für die Kindererziehung und den Haushalt. Väter nehmen die Rolle des Ernährers der Familie ein. Sie arbeiten in Vollzeit und sichern das Familieneinkommen. Dieses Modell ist verständlich. Jeder, der schon einmal kleine Kinder versorgt hat, weiß: Kinder erziehen und arbeiten in Vollzeit ist anstrengend. Da ist es naheliegend, dass zumindest ein Partner die Arbeitszeiten reduziert, wenn sich die Familie das leisten kann. Doch warum ist es eigentlich ein Problem, dass fast nur Mütter weniger arbeiten? Und was ist eigentlich zu beachten, wenn man sich für einen anderen Weg entscheidet?

Eine Partnerschaft auf Augenhöhe?

Eine aktuelle Studie von Bertelsmann rechnet vor, dass Mütter über ihr Erwerbseinkommen hinweg ein Vermögen von durchschnittlich über 700.000 € verlieren. So viel kostet es, wenn sie Elternzeit beantragen oder in Teilzeit arbeiten. Klar, dieses Geld entgeht der gesamten Familie. Doch sollten sich die Partner trennen, müssen vor allem Frauen lernen, ihren Unterhalt alleine zu verdienen und gleichzeitig für ihre Rente vorzusorgen: zusätzlich zu den Kindern. Haben sie nicht schon in der Ehe oder davor etwas zur Seite gelegt, ist das Vorhaben schier aussichtslos. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe ist das nicht.

Aber auch Kinder profitieren davon, wenn sich Väter um ihre Erziehung kümmern: Studien besagen, dass sie dadurch neugieriger, einfallsreicher und sozialer werden. Sie wissen einfach, dass sie sich auf beide Elternteile verlassen können, sollte es nötig sein.

Doch die Auswirkungen sind ja nicht nur im Rahmen der Familie zu beobachten.

Was wird in den Führungsetagen der Unternehmen entschieden, während die Abteilungsleiterin gerade mit ihrer Tochter nachmittags zu Hause bastelt? Was wird im Bundestag besprochen, wenn die Abgeordnete ihre Kinder gerade von der Kita abholt?

Keiner, den wir kennen, macht das so

Sobald wir für unseren ersten Sohn einen Krippenplatz gefunden haben, arbeiteten mein Mann und ich in Teilzeit mit je 30 Wochenstunden. Abwechselnd holten wir den Kleinen ab von der Kita. Nach der zweiten Babypause für unsere Tochter arbeitete ich in Vollzeit und mein Mann ist bis heute in Elternzeit mit den kleinen Kindern. Mittlerweile seit fast zwei Jahren. Wir haben also die traditionellen Rollen umkehrt. Auch das klappt nicht reibungslos.

Was wir dabei nicht bedacht hatten ist, wie alleine wir mit unserer Entscheidung sind. Praktisch niemand, den wir kennen, lebt ein ähnliches Modell. Er ist vormittags der einzige Mann mit Kindern in der Vorstadt, in der wir leben. Der Austausch, wie das andere Väter mit Ihren Kindern so machen, fehlt ihm.

Auch ich befinde mich auf einem einsamen Posten. Manchmal ertappe ich mich dabei, Angst vor einem möglichen Jobverlust zu haben. Mein Mann kann jedenfalls nicht so schnell einspringen und das Familieneinkommen retten. Ein Gefühl, das wohl auch viele Männer als Alleinverdiener kennen.

Was wir gelernt haben

Gerade, weil wir vieles ausprobiert haben, von Teilzeit bis hin zu einem Rollentausch, konnten wir viel lernen. Vielleicht helfen diese Erfahrungen dem einen oder der anderen, auch einen neuen Weg auszuprobieren: für eine ausgewogene Arbeitsteilung in der Familie, von der auch die Kinder profitieren.

Rentenpunkte gehen automatisch an die Frau

Verdienst du in einem Jahr genauso viel wie der Durchschnitt der Deutschen, erhältst du einen Entgeltpunkt für die Rente. Verdienst du weniger, erhältst du weniger Punkte in dem Jahr, verdienst du mehr, erhältst du etwas mehr Punkte in dem Jahr. Bevor du in Rente gehst, werden alle Punkte addiert, die du über dein Erwerbseinkommen gesammelt hast. Die Summe der Punkte entscheiden dann über die Höhe deiner monatlichen Rente.

Pro Kind stehen dem Partner, der hauptsächlich die Kinder erzogen hat, drei Entgeltpunkte zu. Selbst, wenn in der Zeit kein Beitrag zur Rentenversicherung geleistet wurde. Die Entgeltpunkte stehen nur einem Partner zu. Nämlich dem, der das Kind in den ersten zwei Jahren hauptsächlich erzogen hat.

Wenige wissen, dass diese 3 Punkte automatisch der Mutter zugerechnet werden. Kümmert sich jedoch der Vater um die Kleinen, dann muss dies der Rentenversicherung gemeldet werden mit den Formularen V0800 und V0801, wenn ihr bei der deutschen Rentenversicherung seid. Es ist sinnvoll, dies nicht zu spät zu machen, damit ihr die Zeiträume noch wisst. Der Antrag verjährt aber nicht.

Mit weniger Geld während der Elternzeit zurechtkommen

Behalte deine Ausgaben im Blick auch und besonders in der Elternzeit. Denn das Elterngeld bedeutet für die meisten einen Einkommensverzicht. Bei einem durchschnittlichen Verdienst werden nur 65 % des Nettoverdienstes überwiesen, maximal derzeit 1.800 € pro Monat. Am besten hast du mit einem Haushaltsbuch die Finanzen im Griff.

Beim Badenbeim Einkaufen und auch beim eigenen Auto gilt: Weniger ist mehr. Wasser reicht für die Körperpflege der Kleinen, vielleicht gelegentlich einen Tropfen eines hochwertigen Öls. Frisch, regional und selbst gekocht ist das Essen nicht nur lecker, sondern auch günstig. Wer schon mal den Preis verglichen hat von Erdbeeren im Januar zu den Erdbeeren im Juni weiß Bescheid. Und dann erst der viel bessere Geschmack von regionalen Produkten!

Steuerklassenwechsel kann sich lohnen

Da bei mittleren Einkommen im Durchschnitt 65 % des Nettoverdienstes der letzten 3 Monate mit dem Elterngeld erstattet wird, kann alles, was den Nettoverdienst erhöht, auch zu mehr Elterngeld führen. Eine gute Idee ist daher frühzeitige Wechseln bei Verheirateten in die Steuerklasse III. Der Elternteil, der das Elterngeld über einen längeren Zeitraum bezieht, sollte schon zu Beginn der Schwangerschaft in diese steuerbegünstigte Steuerklasse wechseln. Das Elterngeld wird später vom höheren Netto ausgezahlt. Der andere Partner muss gleichzeitig in die Steuerklasse V wechseln und zahlt anteilig mehr Steuern – seine oder ihre Nettoeinkünfte reduzieren sich also. Mit der Steuererklärung wird das im nächsten Jahr wieder ausgeglichen.

Warum so früh wie möglich wechseln? Für die Berechnung des Elterngeldes wird zwar die Steuerklasse des letzten Monats vor Elterngeldbezug genommen. Doch wenn du in den letzten 12 Monaten häufiger die Steuerklasse gewechselt hat, wird die genommen, in der du am längsten warst.

Bei Selbstständigen ist eine ähnliche Optimierung des Einkommens möglich: Hier wird das Elterngeld anteilig vom Gewinn bezahlt. Also das, was vom Umsatz abzüglich der Ausgaben übrig bleibt. Wenn du weniger Ausgaben geltend machst, bleibt auch mehr Gewinn und ein höheres Elterngeld.

Weniger Arbeitszeit, weniger Arbeitslast

Sehr viele Mütter oder Väter erleben die Teilzeit als sehr stressig, da die Arbeitslast im Vergleich zur Vollzeit nicht unbedingt weniger ist, sie haben nur weniger Zeit dafür. Dadurch beschleunigt sich der Arbeitsalltag zusehends, zu Hause ist jedoch keine Verschnaufpause möglich.

Tipp: Beim Vorgesetzten ansprechen, die Arbeitslast auch zu reduzieren, im besten Fall parallel zu den Arbeitsstunden. Das gleichzeitig ansprechen, wenn die Teilzeit vereinbart wird. Sonst geht der Arbeitnehmer wie selbstverständlich davon aus, dass das gleiche Pensum möglich ist wie vorher.

Eva schreibt auf Kinderleichte Finanzen um viele verschiedene Themen rund um Familienfinanzen. Dabei geht es um Gleichberechtigung, Verhandlungsführung, Steuerklassen und viele andere Themen.

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4 Replies to “Finanziell unabhängig mit Kindern: Wie es vielleicht klappt (Gastbeitrag)”

  1. Andrea

    Ich finde all die Tipps toll, aber sie sind meistens (wie auch in diesem konkreten Textbespiel) für das sozusagen klassische Familienmodell Mutter – Vater – Kind bzw. zumindest zwei Elternteile, die zum Familieneinkommen beisteuern, gedacht. Um Tipps und Ratschläge für Alleinerziehende ist es doch generell recht mau bestellt, so als würde es die in Dtl. nicht geben.

    Lt. Statista sind aber immerhin rund 2,6 Mio. Eltern in Dtl. alleinverantwortlich für ihre Kinder, davon 2,2 Mio. Frauen. Das sind die offiziellen Zahlen von 2019. Ich fände gut, wenn dieses für Dtl. relevante Familienmodell (Familie ist da, wo Kinder sind) stärker Berücksichtigung bei der Beratung zu finanziellen Fragestellungen fände und automatisch mitbedacht werden würde.
    In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass entgegen des Klischees alleinerziehende Frau = HartzIV oder zumindest ständig in Geldnot, da zu wenig Einkommen, es auch alleinerziehende Mütter/Väter gibt, die dank guter Quali und Jobs passabel verdienen und aus ihrem Geld z.B. für’s Alter etwas machen wollen. Und da sie alleine sind, also nicht auf Unterstützung durch eine/n Partner/in hoffen bzw. sogar setzen können, auf einen klugen und weitsichtigen Umgang mit den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln angewiesen sind. Um so hilfreicher bitte deshalb Tipps und Hinweise auch für diese Bevölkerungsgruppe, die übrigens stetig zunimmt, wie man ebenso bei Statista nachlesen kann. Danke!

  2. Christel Hoffmann

    Ja, der Ausgleich zwischen den Partnern in der Kinderbetreuung ist immer spannend. Meine Beobachtung ist allerdings, dass Mann oft nicht dieselbe Auffassung von Hausarbeit hat wie Frau. Also Hausmann haben heißt nicht, dass Abends der Haushalt tipptop ist, sondern dass Frau dann noch Wäsche macht und am Wochenende putzt. Warum nicht beide (etwas) reduziert arbeiten lassen, dafür eben für Hausarbeit eine Stundenkraft engagieren? Vorteil ua: weniger Ängste wegen möglichen Jobverlust, mehr Augenhöhe für alle Beteiligten.

    • Eva von kinderleichtefinanzen.de

      Liebe Christel,
      danke für deinen Kommentar. Das ist bei uns auch nicht anders. Es steckt einfach noch viel Tradition in uns. Wir teilen uns viel im Haushalt. Ich habe jedoch einen höheren Anspruch daran, wie sauber es aussehen soll. Da versuchen wir beide einen besseren Umgang. Es ist immer ein Kompromiss. Liebe Grüße Eva

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